
Scharfes Eisen – Wie schärfe ich einen Stechbeitel
Der Stechbeitel ist ein großartiges Werkzeug und unterstützt dich bei vielen verschiedenen Anwendungen.
Er muss allerdings eines sein: Scharf! - und genau darum soll es in diesem Beitrag gehen.
Ein Beitrag von Pascal Haase
in Zusammenarbeit mit Tobias Haaf von holzwerkeln.
Es gibt verschiedene Wege, um die Schneide eines Stechbeitels zu schärfen. Man kann nasslaufende Schleifmaschinen nutzen, Bandschleifer zweckentfremden oder man nutzt die manuelle Methode der Schleif- und Abziehsteine, welcher wir uns mit diesem BLOG widmen möchten.
Tipp: Bitte nutze nie einen schnelllaufenden Trocken-Schleifbock für das Schärfen eines Stechbeitels, da das Material unkontrolliert erhitzt wird. Der Stahl ist somit wieder „weichgeglüht“ und lässt sich so nicht mehr weiterverarbeiten, da die Härte aus dem Material entzogen wurde.
Bevor wir ins Detail gehen, solltest du sicherstellen, dass auch alle notwendigen Utensilien vorhanden sind.
Was du brauchst:
Eine wasserdichte Unterlage oder eine Schleifwanne
Flacher Behälter, gefüllt mit Wasser
1-2 alte Baumwolltücher oder eine Papierrolle
Schleifsteine mit verschiedenen Körnungen
Verdünnung
Schärfhilfe
Stechbeitel
Stück Holz zum Testen
Gute Lichtverhältnisse
Deine Unterlage sollte wasserdicht sein und im besten Fall groß genug, um alle Utensilien abzulegen. Die Schleifsteine werden entweder in Öl oder Wasser eingelegt und sollten deswegen nicht direkt auf die schöne Holzwerkbank platziert werden. Eine Silikon- oder Gummiunterlage ist perfekt dafür geeignet, da diese rutschfest sind und Feuchtigkeit nicht durchlassen.
Welche Steine werden benötigt?
Für ein sehenswertes Ergebnis empfehlen wir folgende Steine:
- 180 | 400 Grober Vorschliff
- 1000 | 3000 Feinschliff
- 5000 | 10000 Politur/Abzug
Ein gutes Maß sind Steine mit einer Größe von ca. 200x75x25 mm.
Vorbereitung
Die Steine werden vor Gebrauch in Wasser oder Öl eingelegt. Es gibt dabei kein richtig oder falsch, das Ergebnis ist dasselbe.
Wurden Steine einmal in Öl eingelegt, können sie im Anschluss nicht mehr mit Wasser verwendet werden. Lege also direkt bei der ersten Anwendung fest, für welches Medium du dich entscheidest.
Wir empfehlen in diesem Beitrag den Gebrauch mit Wasser. Die Steine sollten ca. 5-10 Minuten vor Beginn in ein Wasserbad gelegt werden. Die kleinen Sauerstoffblässchen deuten darauf hin, dass sich noch Luft in den Steinen befindet und diese noch nicht gänzlich durchnässt sind.
Nach dem Bad können die Steine nun auf die wasserdichte Matte gelegt werden.
Von hier an gibt es drei verschiedene Szenarien:
- Neu erworbene Stechbeitel startklar machen
(Planschliff der Spiegelseite, Schneidenabzug) - Gebrauchte Stechbeitel nachschärfen und abziehen
- Beschädigte Stechbeitel mit Scharte wieder herrichten
Szenario 1:
Neu erworbene Stechbeitel startklar machen
(Planschliff der Spiegelseite, Schneidenabzug)
Wenn du nun einen neuen Stechbeitel bearbeiten möchtest, beginnst du immer mit der Spiegelseite, also der Rückseite des Stechbeitels. Diese ist aus Produktionsgründen nicht perfekt plan geschliffen (das sieht man mit dem menschlichen Auge nicht) und sollte zuerst bearbeitet werden.
Unsere Kunden bestätigen, dass dies gerade bei dem KIRSCHEN Stechbeitel sehr gut gelingt und man auch schnell am gewünschten Ziel ankommt. Sobald die Spiegelfläche plan geschliffen ist, musst du im Grunde nie wieder an die Spiegelfläche ran. (Vorausgesetzt der Beitel bleibt unbeschädigt)
Planschliff der Spiegelseite
Damit die Schneide vorne 100% gerade verläuft, fangen wir nun an die Spiegelseite grob vor zuschleifen. Dafür muss der fein-aufgetragene Korrosionsschutz (Firnis) unbedingt entfernt werden, damit sich der offenporige Stein nicht zusetzt. Mit Verdünnung und einem Tuch lässt sich das in Sekunden bewerkstelligen. Du kannst selbst entscheiden, ob du die vollständige Klinge vom Firnis befreist oder eben nur im vorderen Drittel, wo die nun anstehenden Arbeiten stattfinden.
Tipp: Sobald der Firnis entfernt ist, ist die Klinge nicht mehr vor Rostbildung geschützt! Ab dem Moment solltest du die Klinge mit einem öligen Lappen regelmäßig abziehen, vor allem vor längerer Nichtnutzung.
Es geht los.
Wenn der Korrosionsschutz entfernt ist, können die ersten Schleifarbeiten beginnen. Wir fangen mit einem groben Stein an und legen die Spiegelseite auf den Stein.
Nun ziehen wir ein paar Bahnen entlang des Steins, vor und zurück und achten drauf, dass die Klinge sauber und plan auf dem Stein aufliegt.
Wir können hier nun im Wechsel zwischen kreisenden und gerade verlaufenden Bewegungen schleifen.
Achte darauf, dass du die komplette Oberfläche des Steins verwendest, damit er auch gleichmäßig abgenutzt wird. Schon nach wenigen Schleifgängen wirst du feststellen, dass sich die Spiegelfläche tendenziell im äußeren Bereich abträgt.
Tipp: Arbeite stets mit dem gesamten Oberkörper, nicht nur mit den Armen. Das garantiert eine besser Werkzeugführung und somit kannst du genauer und kontrollierter arbeiten. Leg beide Arme dabei leicht rechtwinklig am Körper an.
Nach weiteren Schleifzügen ist die Spiegelseite plan geschliffen. Schätzungsweise dauert dieser Vorgang je nach Klingenbreite und Erfahrung zwischen 3-8 Minuten. Wie gesagt wird dieser Vorgang i.d.R. nur einmal durchgeführt, bis diese bearbeitete Fläche aufgebraucht ist.
Tipp: Denke immer daran, nach jedem Schleifvorgang die Klinge zu säubern, damit der im Schleifprozess entstehende Schlamm nicht immer wieder auf den Stein verteilt wird.
Wenn die Spiegelseite grob vorgeschliffen ist, darfst du danach auch immer feiner werden. Die feine Oberfläche sieht deutlich schöner aus und der Spiegel kommt langsam zurück.
Mit dem feinen Abziehstein (5000/10000) kannst du ebenso die bereits vorgeschliffene Spiegelseite polieren.
Abzug der Schneide
Glückwunsch. Die Spiegelseite ist nun fertig. Es braucht ein paar Übungsstunden, bis man das perfekt beherrscht. Aber mit jedem weiteren Beitel bekommst du ein besseres Gespür und das Schleifbild wird immer sauberer – garantiert.
Nun konzentrieren wir uns auf die Schneide. An dieser Stelle ist zu erwähnen, dass du dir Hilfe holen solltest mit einer Schärfführung. Es gibt verschiedene Qualitätshersteller solcher Führungen wie Veritas oder Lie Nielsen, die hier bereits hervorragende Arbeit geleistet und dieses praktische Hilfsmittel in Gänze perfektioniert haben. Beide haben Vor- und Nachteile, die wir hier aber nicht thematisieren möchten.
Durch das Planschleifen der Spiegelseite ist ein Grat auf der Schneide entstanden, den wir mit dem Abzug der Schneide nun mit wegschleifen müssen.
Zunächst wird der Stechbeitel in die Schleifführung gesteckt und der gewünschte Winkel ausgewählt. Die Schneide des KIRSCHEN Stechbeitels wird werksseitig auf 25° geschliffen.
Wir empfehlen für den Feinabzug einen Mikrofasenwinkel von ca. 28°- 30°, somit leicht steiler als der vorhandene Schneidenwinkel.
Tipp: Je härte das Holz, desto steiler der Schneidenwinkel.
Dieser sollte allerdings nicht steiler als 35°-40° werden.
Mikrofase ansetzen - wichtig.
Da wir im ersten Szenario von einem neuen, ungenutzten Stechbeitel ausgehen, reicht es hier aus, eine so genannte Mikrofase anzusetzen. Hier können wir bereits mit feineren Steinen ab Körnung 1000 oder größer beginnen.
Der nun vorbereitete Stechbeitel sitzt fest in der Schleifführung und wird nun mehrmals über die gesamte Fläche des Steins gezogen, nicht geschoben. Der Vorgang ist erst abgeschlossen, wenn sich über die gesamte Schneidenbreite ein Grat auf der Rückseite der Schneide gebildet hat!
Ist das der Fall, können wir mit 2-3 Schleifgängen den Grat auf der Spiegelseite mit dem zuvor genutzten Stein wieder entfernen. ACHTUNG: Die Schneide darf keine Gegenfase von der Spiegelseite aus bekommen!
Tipp: Die Schneide sollte nicht über den Stein geschoben werden, da hier Gefahr läuft, dass die Schneide im Stein stecken bleibt und schlimmsten Fall Schneide und Stein beschädigt werden.
Es wird nur in der Zugbewegung die Schneide geschärft. Bei der Vorwärtsbewegung wird die Schleifführung leicht angehoben.
Mit den Zeigefingern wird der vordere Bereich der Klinge runtergedrückt, mit den Daumen führen wir und halten die Stabilität. Bei der Zug- und Schubbewegung mit dem Oberkörper arbeiten, wie bereits weiter oben beschrieben.
Dieser Vorgang wird nun so lange wiederholt, bis die gewünschte Schärfe erreicht ist. Du kannst jedes Mal nach dem Abzug des Grats auf der Spiegelseite feiner werden und solltest jedes Mal, wenn du die Schneide abgezogen hast, den Grat auf der Spiegelseite entfernen.
Der endgültige Feinschliff
In den letzten Zügen arbeitest du mit einem Abziehstein (5000/10000) und wiederholst den Vorgang gemäß der 6er-Regel:
6 Züge Schneidenabzug – 6 Züge Grat entfernen auf Spiegelseite
5 Züge Schneidenabzug – 5 Züge Grat entfernen auf Spiegelseite
4 Züge Schneidenabzug – 4 Züge Grat entfernen auf Spiegelseite
3 Züge Schneidenabzug – 3 Züge Grat entfernen auf Spiegelseite
2 Züge Schneidenabzug – 2 Züge Grat entfernen auf Spiegelseite
1 Zug Schneidenabzug – 1 Zug Grat entfernen auf Spiegelseite
Dein Stechbeitel ist nun vorbereitet für deine anstehenden Holzprojekte und erreicht einen Schärfegrad par excellence. Vergiss nie den Schneidenschutz draufzusetzen und schütze deine Klinge mit einem feinen Ölfilm!
Szenario 2:
Gebrauchte Stechbeitel nachschärfen und abziehen
Wenn du alle Schritte bereits von Szenario 1 erledigt hast und deine Stechbeitel nach mehrfacher Nutzung nachschärfen möchtest, ist das von nun an sehr schnell erledigt.
Die Spiegelseite ist bereits plan geschliffen und deine Mikrofase bereits angesetzt.
Nun musst du nur noch deinen Stechbeitel in die Schärfhilfe einspannen, den gewünschten Winkel einstellen und mit einem feinen Stein ab Körnung 1000 beginnen. Wenn du die absolute Schärfe aus der Schneide rausholen möchtest, orientiere dich an dem Punkt „Der endgültige Feinschliff“ weiter oben im Text.
Szenario 3:
Beschädigter Stechbeitel mit Scharte wieder herrichten
Ein absolutes Worst-Case Szenario. Du schaust einen Moment mal nicht hin und der Stechbeitel fällt zu Boden oder wird in einen Nagel gestemmt. Sowas passiert den Besten und bedarf ein bisschen Arbeit.
An dieser Stelle muss die Schneide im Gegensatz zu Szenario 1+2 neu hergestellt werden und dafür musst du wieder die groben Steine aus dem Regal räumen. Wir müssen hier mit dem gröbsten Stein anfangen und den Schneidenwinkel von circa. 25° einstellen. Dieses Mal schleifen wir die vollständige Schneide runter, bis die gesamte Scharte weggeschliffen ist und die Schneide praktisch wie neu aussieht. Das kann einige Minuten dauern.
Wenn du das geschafft hast, bist du wieder an dem Punkt „Abzug der Schneide“ aus Szenario 1 angekommen.
Tipp: Sobald du alle Schleifarbeiten erledigt hast, müssen die noch nassen Steine an der frischen Luft getrocknet werden. Wir empfehlen, die Steine circa 3-4 Tage stehend zu lagern, um einer Schimmelbildung entgegenzuwirken.
Was wir dir noch mitgeben möchten.
Zusammenfassend kann man sagen, dass das Schleifen und Schärfen eines Stechbeitels zum Werkzeug dazu gehört und man sich mit dem Thema beschäftigen sollte, sobald man mit Stechbeiteln arbeitet. Ein Stechbeitel ist ein wunderbares Werkzeug und gar nicht wegzudenken vom Holzhandwerk. Es ist aber nur dann hilfreich und sinnvoll, wenn es scharf ist. Wir hoffen, dass dir der Beitrag gefallen hat und dir bei zukünftigen Schleifarbeiten helfen wird. Alle Informationen kommen von Tobias Haaf von holzwerkeln, ein langjähriger und sehr erfahrener Holzwerker, KIRSCHEN-Fan und gelernter Werkzeugmacher.
